11. Mai 2022
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD), www.tchrd.org

Er saugt uns das Mark aus den Knochen: Tibetische Sprach- und Bildungsrechte unter Xi Jinping

Das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD) und die Asian Dignity Initiative (ADI) haben einen gemeinsamen Bericht mit dem Titel "Sucked Our Marrow: Tibetische Sprache und Bildungsrechte unter Xi Jinping" bei einer Auftaktveranstaltung im Tibet Museum in Dharamshala vorgestellt.

Der Bericht zeigt auf, welche verheerenden Folgen ein Jahrzehnt unter der Herrschaft von Xi Jinping, der unter dem Deckmantel der „ethnischen Politik in der neuen Ära“ eine Politik der erzwungenen kulturellen Assimilierung betreibt, für die Bildungs- und Sprachrechte in Tibet hat.

Morgengebet in der Sengdruk Taktse School 2014

Kinder und Jugendliche sind zur Hauptzielscheibe von Xi Jinpings Politik zum Aufbau eines Bildungssystems geworden, das gegen die in der Verfassung garantierte regionale Autonomie und den Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung verstößt. Das neue System verleiht Putonghua - dem auf dem Pekinger Dialekt basierenden Mandarin-Chinesisch - einen höheren Status und die Macht über die Minderheitensprachen.

In den letzten Jahren sind nichtstaatliche Initiativen zur Förderung der tibetischen Sprache und Kultur in Tibet zunehmend unter Beschuß geraten. Private Bildungseinrichtungen, darunter auch solche, die zuvor vom Parteistaat gebilligt worden waren, werden geschlossen, und klösterliche Einrichtungen werden gezwungen, dem Unterricht und der Verbreitung von Putonghua den Vorrang einzuräumen.

Das TCHRD ist zutiefst besorgt über die Geschwindigkeit, mit der die Privatschulen geschlossen und der nationale Putonghua-Lehrplan eingeführt werden, da dies einem Angriff auf das der tibetischen Kultur zugrundeliegende System gleichkommt, das in den sieben Jahrzehnten chinesischer Besatzung die letzte Bastion des tibetischen Kulturerbes darstellte.

Das Recht auf Bildung wird als ein grundlegendes Menschenrecht anerkannt, das für die Verwirklichung anderer Menschenrechte unerläßlich ist. Es wird in zahlreichen internationalen Verträgen und Konventionen garantiert. Es wird jedoch immer klarer, daß die chinesischen Gesetze und politischen Maßnahmen das Recht auf den Gebrauch von Minderheitensprachen nicht schützen, da sie Teil einer umfassenderen Strategie zur Nationenbildung sind, die darauf abzielt, eine zhonghua minzu-Identität mit einer einzigen Sprache und einer Identifikation mit dem chinesischen Nationalstaat zu schaffen.
Diese Situation wird durch die Kriminalisierung friedlichen Dissenses und das völlige Fehlen von Rechtsmitteln gegen staatliche Übergriffe noch verschärft.

Bild aus dem neuen Schulbuch: "Wir lieben das Mutterland, wir sind die Kinder von Zhonghua"

Die internationale Gemeinschaft muß beantragen, daß UN-Menschenrechtsexperten für Bildung und Sprachrechte nach Tibet reisen, um die Qualität und Verfügbarkeit des Unterrichts und der Verwendung der tibetischen Sprache in Tibet zu bewerten. China sollte eine Dauereinladung an unabhängige UN-Experten aussprechen, um offizielle Besuche in Tibet und anderen Teilen der VR China zu ermöglichen.
Die VR China muß für ihre Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden. Ein deutlicher Schritt, den die internationale Gemeinschaft in diese Richtung unternehmen könnte, wäre die Nichtunterstützung von Resolutionen, die von der VR China bei den Vereinten Nationen und anderen multilateralen Plattformen eingebracht werden.

China muß das Recht auf Selbstbestimmung garantieren und wirklich die benötigten Bedingungen schaffen, damit die Tibeter eine echte Autonomie ausüben können, wie sie in der Verfassung der VR China und im Gesetz für regionale nationale Autonomie vorgesehen ist.

Das TCHRD ist die erste nichtstaatliche tibetische Menschenrechtsorganisation, die 1996 in Indien gegründet wurde. Wir beobachten, dokumentieren und recherchieren die Menschenrechtssituation in Tibet und stellen der internationalen Gemeinschaft zuverlässige Informationen zur Verfügung.

Die 2016 gegründete Asian Dignity Initiative (ADI) ist eine Nichtregierungsorganisation aus der Republik Korea, die sich für die Menschenrechte marginalisierter Gruppen in Asien einsetzt. Die ADI untersucht und dokumentiert Menschenrechtsverletzungen in der asiatischen Region und baut Netzwerke auf, um die Zivilgesellschaft zu stärken.

Der vollständige Bericht kann heruntergeladen werden unter: https://tchrd.org/wp-content/uploads/2022/05/Tibetan-Language-and-Education-Rights-Under-Xi-Jinping_TCHRD-Thematic-Report.pdf